Ein Reisebericht von INSIDE project Frontmann Alex Sebastian zum Broadway und Stings Musical:
Anfang Januar machte ich mich auf die Reise nach New York, um noch einmal Stings Broadway Musical The Last Ship anzuschauen. Noch einmal, denn ich hatte bereits im Juni 2014 das Vergnügen, die allererste Preview vor Publikum in Chicago zu sehen und war gespannt, welche Veränderungen man seitdem noch vorgenommen hatte.
Kurz zusammen gefasst, handelt das Stück in Wallsend, einem Vorort von Newcastle, in dem Sting geboren und aufgewachsen ist. Allerdings ist das Stück nicht autobiografisch: Der junge Gideon Fletcher, Sohn eines Dockarbeiters, überwirft sich mit seinem Vater, der unbedingt möchte, dass sein Sohn eine Lehrstelle in den Docks annimmt. Zusammen mit seiner Jugendliebe Meg will Gideon auf einem Schiff vor dem Damoklesschwert des Werftarbeitertums in die große, weite Welt flüchten. Doch Meg kann sich von ihrem Zuhause nicht lösen. Also bricht er alleine auf und verspricht ihr, wieder zu kommen, wenn er einen besseren Ort für sie beide gefunden hat. Als er tatsächlich nach 15 Jahren wieder auftaucht, muss Gideon (Michael Esper) feststellen, dass sein Vater gestorben ist und die ganze Kommune in der Arbeitslosigkeit versinkt, weil die Docks schließen. Darüber hinaus hat Meg (Rachel Tucker) einen Sohn und steht kurz davor, einen anderen zu heiraten.
Da ist er also wieder, der klassische „Ich liebe Dich, aber Du liebst einen anderen“-Dreisatz, den Sting in seinem Repertoire sehr oft anwendet. Und die größte Änderung seit Chicago: Sting spielte den Vorarbeiter der Werft, Jackie White, selbst. Eine Rolle, die er eigentlich einem seiner besten Freunde, Jimmy Nail, auf den Leib geschrieben hatte. Doch das anspruchsvolle Drehbuch sorgte für durchwachsene Kritiken im Land der Disney Musicals und diese Kritiken für schleppende Kartenverkäufe. Also schlugen die Produzenten vor, Sting solle selbst in die Show gehen, um die Verkäufe zu boosten. Das zeigte schlussendlich auch Wirkung an den Kassen. Aber leider war es zu spät, um die Show zu retten und mit dem Ende von Stings Engagement am 24. Januar wurde das Musical abgesetzt.
Das ist insofern bedauerlich, da das gesamte Kreativteam ein Stück auf die Beine gestellt hat, das nicht nur durch und durch stimmig war, sondern einem mit seinen Charakteren, Wendungen, der Spannung, dem Humor und natürlich der Musik richtig ans Herz ging.
In der Pause traf ich Rob Mathes, den Musical Supervisor und Arranger, der mit Sting zusammen über Jahre hinweg an der Musik arbeitete. Er meinte: „Es ist unglaublich schwer, ein Musical mit einer neuen Geschichte zu etablieren. Viele Musicals scheitern am Broadway, weil es ihnen an einer eingeführten Marke mangelt. Macht man ‚Beverly Hills Cop – The Musical‘, oder ‚The Police Greatest Hits Jukebox Musical‘, dann laufen die Leute scharenweise hin.“ Letzteres war aber nicht, was Sting wollte. Denn Sting will Neues schaffen. Trotzdem fanden sich auch drei Sting Klassiker im Stück ein. Auf dem Weg von Chicago nach New York hatte man zur Rückkehr Gideons mal eben schnell das neue (meiner Meinung nach stärkere) „And Yet“ gegen das bekannte „All this time“ ausgetauscht, um dem Publikum gleich zu Anfang einen „bekannten Anker“ zu geben, wie man meinte. Und bei einer Dreiecks-Liebesgeschichte war naheliegend, von vornherein „When we dance“ zu verbauen. Die zugehörige Performance von Rachel Tucker (Meg), hin und her gerissen zwischen Michael Esper (Gideon) und Aaron Lazar (Arthur) war einer von zahlreichen Gänsehautmomenten.
Einhellig lobten alle Kritiker die speziell komponierte Musik und viele handeln sie trotz der kurzen Laufzeit für den diesjährigen Tony Award. Den Musical Preis. Mancher unkt sogar, das Musical könnte trotzdem den Best Musical 2014 Tony bekommen. Verdient hätten das alle Beteiligten allemal, wie ich meine.
Durch eine glückliche Fügung kam ich über den Gitarristen der Musical-Band, Ben Butler, auch noch in den Genuss einer Backstage-Führung, der für das gesamte Ensemble leider ein trauriger war. Denn just nach dieser Vorstellung eröffneten ihnen die Produzenten, dass der letzte Vorhang am 24. Januar fallen würde, was Rachel Tucker vor dem Theater mit den Worten quittierte: „Es ist so unglaublich schade, denn das hatte ausnahmsweise mal alles richtig Substanz, Tiefgang und Qualität.“
Ich wette jedoch, von dieser Frau wird man noch sehr viel hören und sehen.
Das letzte Schiff ist gesunken. (Wobei: Wer weiß, vielleicht hebt man es ja für’s Londoner West End mal wieder aus den Tiefen. Es ist eben doch vielleicht eher eine europäische Erzählweise.)
Wir hoffen, dass ihr unser INSIDE project nicht sinken lasst und zahlreich am Freitag, 27. März 2015 ins Münchner Theater Drehleier kommt! Da erzählen wir euch u.a. auch zwei Geschichten aus dem letzten Schiff mit Comicprojektionen
Tickets sind bereits verfügbar. Wir freuen uns auf euch!